Ich war lange ganz faszinierter Žižekjaner und habe einige Bücher von ihm gelesen. Auch wenn ich weder Marxist bin, noch diese selbstreferenzielle, repetitive Art besonders mag, hat mir doch diese antiideologische Sicht immer gut gefallen. Nicht immer gleich zusagen, man hätte hier die Lösung oder den Weg und alle, die das anders sehen, auszuschließen. Wohin das führt, kann man ja heute wieder gut beobachten. Leider hat er sich mit seinem Covid Buch irgendwie selbst demontiert (machen wir alle gelegentlich). Nicht weil das so falsch war, sondern weil er von seien eigenen Prinzipien abgewichen ist. Und auch wenn ich einige diese Prinzipien doof fand, macht es einen doch unglaubwürdig (zumindest wenn man eine solche Ikone ist wie Žižek), wenn man die, ohne sinnvolle Erklärung, einfach ändert und mit demselben Brustton der Überzeugung plötzlich das Gegenteil behauptet.
Aber egal. Die Leute hören auf Žižek und das ist gut, denn zusagen hat er was und das ist immer noch Lichtjahre besser und durchdachter als das meiste andere, was man so hört. Trotzdem scheint die Idee für die Žižek steht zu stocken. Wie vieles was in der Covid Zeit passiert ist, weniger zeigte was los ist, als vielmehr wo es nicht weitergeht, was zu seinem Ende kommt. Und so geht es mir auch mit Žižek. Seine Idee eines neuen offenen Marxismus hat seinen Reiz und wird ihn berechtigterweise in die Ahnengalerie der großen Denker einreihen, aber eine Zukunft beschreibt sie nicht.
In dem unten verlinkten Interview wendet er sich in seiner provokanten Art gegen „V wie Ventetta“ – den Film. Der bekanntlich damit endet, dass die Menschen aufstehen und sich gegen das Bestehende wenden. Er wirft dem Film vor, nicht an das Morgen zu denken, keinen Plan für die Zeit nach der „Revolution“(?) zu haben. Ich denke, da hat er die Aussage des Films (und des Comics) nicht verstanden. (Zumal man von Popkultur eh nicht erwarten sollte, dass sie die Wahrheit verkündet. Das wäre töricht.)
Was Žižek hier übersieht, ist dasselbe was viele auch bei dem, was in der und durch die Föderation bzw. Fediverse geschieht, übersehen. Es ist eine grundsätzliche Revolution, eine Weiterführung Foucaults Strukturalismus, vollkommene Neuorganisation der Menschen. Das begreifen auch wir, die wir das machen, nicht wirklich. Im Gegenteil, es ist gerade die Kraft und das Vermächtnis dieser Idee und der tatsächlichen Umsetzung (die man im Moment als open source oder Fediverse oder was auch immer kennt). Dass sie progressiv und dynamisch ist, dass sie eben keinen berechenbaren Ausgang hat, dass sie im allerbesten Sinne für die Emanzipation und Selbstermächtigung der Menschen steht.
Eine wahre Revolution, eine ohne Heugabeln und ohne Mob. Eine, die einer aufgeklärten Zeit mit freiem Zugang zum Wissen würdig ist. Wir sehen auch, dass die Alte Welt, sich sträubt und mit Nationalismus, Panzern und Zensur reagiert. Ich hoffe sehr, wir sind stärker und ich glaube fest daran. Ideas are bullet proof! Lasst uns am Ende des Jahres mal stolz sein! Wir ändern die Welt!